Wie man Lieblingsplätze schafft

Wie man Lieblingsplätze schafft
Du fragst dich vielleicht: Wie wird aus einem klassischen Betriebswirt ein Gestalter in der Pflegebranche? Und: Wie verändert man Kultur, damit Pflegeeinrichtungen nicht nur Orte der Versorgung, sondern Lieblingsplätze werden – für Mitarbeitende und Bewohner zugleich?
In diesem Blogartikel nehme ich dich mit auf die Reise von Christian. Seine Geschichte lehrt uns, wie Wandel funktioniert, wenn Werte, Vision und gelebte Kultur die treibenden Kräfte sind.
Wenn du also in der Sozialwirtschaft arbeitest, Führungskraft bist oder einfach wissen willst, wie Unternehmen menschlicher werden können – lies gern weiter. Denn hier geht es nicht um Glück oder Zufall, sondern um Gestaltung.

Wer ist Christian und wie kam er zur Pflege?

Christian hatte nicht von Anfang an einen Pflege-Hintergrund. Er war ausgebildeter Verwaltungsfachangestellter, arbeitete im Finanzbereich, studierte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Verwaltungsmanagement. Jahrelang war er in der Kommunalverwaltung tätig, später Wirtschafts­förderer – jemand, der Strukturen formt und Unternehmer begleitet.
Eines Tages jedoch, durch eine persönliche Einladung von Uwe Ufer, kam der Wechsel zu Diakonie Michaelshoven in den Raum – eine Chance, die Christian nicht nur als berufliche Drehung sah, sondern als Möglichkeit, Sinn und Zweck neu zu verbinden:
Etwas für andere Menschen zu tun, mit Menschen, in einem Rahmen, der weit über bloße Verwaltung hinausgeht.
Als er antrat, übernahm er zunächst Unternehmens- und Standortentwicklung. Immobilienprojekte, Übernahmen, neue Angebote – alles Dinge, bei denen Struktur, Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit zusammentrafen.
Doch dann kam der Wendepunkt: Mitte März 2020, just vor dem ersten Corona-Lockdown, wurde Christian Geschäftsführer – und stand vor der Frage: Wie führt man in einer Krise, ohne Pflegefachwissen, aber mit der Überzeugung, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden können, unter denen Menschen sinnvoll arbeiten und leben?

Vision und Kultur – Grundpfeiler, die alles verändern

1. Jammerkultur erkennen – und aufbrechen

Als Christian in die Pflege kam, begegnete er einer Kultur, die eher defensiv und klagend war: fehlendes Personal, unzureichende Gebäude, geringe Bezahlung – all das wurde beklagt. Diese Jammerkultur lähmt. Sie führt dazu, dass der Fokus nicht auf dem liegt, was möglich ist, sondern auf dem, was gerade schwerfällt.
Doch Christian war anders. Sein Impuls war nicht jammernd, sondern gestaltend. Er wollte nicht nur Probleme benennen, sondern Wege finden – gemeinsam mit Mitarbeitenden und Kunden.

2. Die Vision „Zukunftsgestalter der Pflege“

Vor etwa vier Jahren begann der Kultur­prozess. Christian und sein Führungsteam gingen in Klausur, reflektierten, was gut läuft und was verhindert, dass Pflegeeinrichtungen Orte werden, an denen Menschen gern arbeiten oder leben. Daraus entstand die Vision:

Zukunftsgestalter der Pflege – Lieblingsplätze für Kunden und Mitarbeitende schaffen.

Diese Vision wurde getragen von Werten und Grundsätzen, die in der Diakonie Michaelshoven inzwischen eine gemeinsame DNA bilden. Es geht nicht nur ums Pflegen, sondern ums Gestalten.

3. Mission und Werte – die Vision gestalten

Eine Vision allein genügt nicht. Es braucht konkrete Mission, Werte und Grundsätze, die sich durch alle Ebenen durchziehen. Christian und sein Team haben das gemacht: Wer wir sind, was unsere Wurzeln sind, was uns antreibt – das wurde gemeinsam herausgearbeitet. Wichtig war, dass nicht nur die Führung, sondern Mitarbeitende und auch Kunden mitreden – in Workshops, in Word-Cafés, bei Bauplanungen.
So wurde das „Lieblingsplatz“-Motiv greifbar – kein abstraktes Bild, sondern konkrete Orte und Situationen, in denen Menschen sich wohlfühlen – draußen, drinnen, unter Menschen, bei Licht, bei Wohlbehagen, bei Gemeinschaft.

Lieblingsplatz – was steckt dahinter?

Der Lieblingsplatz ist kein einzelner Ort. Er ist ein Gefühl. Ein Moment, in dem Menschen sagen: Ja, hier fühl’ ich mich verbunden, wertgeschätzt, zuhause. Für Bewohner:innen, für Mitarbeitende.

Beispiele aus dem Alltag

  • Mitarbeitende, die sich beim Hauswirtschaftspraktikum wahrgenommen fühlen, gehört werden.
  • Bewohner:innen, die im Außenbereich unter den Bäumen sitzen, die Sonne spüren, Vogelstimmen hören – Augenblicke, die das Heim zum Zuhause machen.
  • Räume, in denen man nicht sofort Pflege betont sieht, sondern Wohlfühlatmosphäre, Gestaltung, Menschlichkeit.

Entwicklung von Lieblingsplätzen

Ein konkretes Beispiel: Es wurde eine KI-gestützte Sprachsteuerung für Pflegedokumentation eingeführt, damit Mitarbeitende mehr Zeit für wirkliche Begegnung haben und weniger Zeit mit Formularen verbringen. Das ist Lieblingsplatz schaffen durch Entlastung.
Auch bei Neubauten und Umbauten wurden Mitarbeitende und Kunden involviert: Was fehlt? Was macht ein Gebäude lebenswert? Welche Räume sollen geschaffen werden? Hier geht es nicht um Ästhetik allein, sondern um Alltag, Nutzbarkeit, Atmosphäre.

Führung und Gestaltung – drei Rollen im Veränderungsprozess

Christian benutzt ein starkes Bild: der Bus. Veränderung fährt sowieso – sie ist unvermeidlich. Doch man kann wählen, wie man diese Fahrt erlebt:

1. Der Passagier

Sitzt hinten, lässt sich treiben, akzeptiert gegebenenfalls Veränderung, wenn sie kommt – ohne aktives Mitgestalten.

2. Der Driver

Lenkt mit, beeinflusst die Richtung, entscheidet mit. Nicht unbedingt der Einzelne mit Macht, aber jemand, der Verantwortung übernimmt.

3. Der Innovator

Nicht nur lenken, sondern Straße bauen. Veränderung selbst sein. Neue Wege denken, ausprobieren, mitgestalten.
Christian sieht sich und sein Team als Innovatoren – nicht perfekt, nicht mit einem Endpunkt, aber mit dem Ziel, ständig weiterzugehen, Räume zu öffnen, Haltung vorzuleben.

Haltung, Maßnahmen und Alltag – was konkret getan wird

Damit Vision und Kultur nicht leer bleiben, braucht es konkrete Schritte:

A. Mitarbeiter und Führungskräfte mitnehmen

  • Regelmäßige Klausurtagungen, Workshops – nicht nur um zu informieren, sondern um gemeinsam zu gestalten.
  • Kulturprozesse, in denen gefragt wird: Was läuft gut? Wo hakt es?
  • Formate, die Dialog ermöglichen – auch über schwierige Themen, über Unzufriedenheit.

B. Feedback und Beteiligung

  • Mitarbeitende berichten, wo Rahmenbedingungen entlastend sind, wo nicht.
  • Kunden werden gefragt, wie sie leben wollen, wie Räume gestaltet sein sollten.
  • Praktika in Diensten – Führungspersonen erleben direkte Einsichten aus dem Alltag.

C. Innovation und digitale Entlastung

  • Einführung technischer Lösungen (z. B. KI, Sprachsteuerung), damit Pflegedokumentation weniger belastet.
  • Nutzung neuer Methoden bei Planung, Gestaltung und Betrieb.

D. Werte leben bis in die letzte Verästelung

  • Jeder Bereich, jede Abteilung, jeder Standort soll spüren: Das sind unsere Grundsätze.
  • Wichtig: Nicht alle werden sofort mitziehen – aber der Dialog ist offen. Wenn etwas nicht Lieblingsplatz ist, muss benannt werden können, woran es fehlt.

Herausforderungen und Lessons Learned

Natürlich läuft nicht alles glatt. Aus Christians Erfahrung ergeben sich zentrale Erkenntnisse:
  • Veränderung ist ein Dauerlauf, kein Sprint. Es gibt kein festes Ende.
  • Nicht jeder wird sofort mit auf den Weg kommen. Manche wollen lieber Passagier sein, manche Driver. Das ist okay – Hauptsache, der Rahmen bleibt offen.
  • Haltung zählt: Echte Wertschätzung, echtes Interesse – das merken Mitarbeitende. Lippenbekenntnisse reichen nicht.
  • Auch mit gutem Konzept werden Grenzen sichtbar – z. B. durch gesetzliche Rahmenbedingungen, Ressourcen, Personalmangel. Doch es lohnt sich, in diesen Rahmen hinein zu wirken.
  • Wenn Mitarbeitende sehen, dass ihre Anliegen nicht nur gehört, sondern umgesetzt werden, entsteht Vertrauen – und Mut, eigene Ideen einzubringen.

Warum das relevant ist – für dich und die Branche

Wenn du in der Pflege arbeitest, Führungskraft bist oder eine Einrichtung leitest, dann bedeuten diese Prinzipien konkret:
  • Du kannst dein Unternehmen so gestalten, dass Mitarbeitende sich nicht ausgebrannt fühlen, sondern eingebunden und gestärkt.
  • Bewohner:innen gewinnen Lebensqualität – nicht nur durch gute Pflege, sondern durch Umgebung, Begegnung, Atmosphäre.
  • Als Träger wird man relevanter – nicht nur als Dienstleister, sondern als Gestalter gesellschaftlicher Werte.
  • Innovationen, die aus dem Alltag kommen, haben große Kraft – und oft können sie Wege sein, die über dein eigenes Unternehmen hinaus wirkt. Beispielsweise wenn Politik und Rahmenbedingungen lernen, was vor Ort funktioniert.

Dein Weg zum Lieblingsplatz schaffen

Wenn du jetzt Lust bekommen hast, etwas in deiner Einrichtung zu verändern – hier sind ein paar Impulse, wie du starten kannst:
  1. Reflexion ermöglichen – lade Führungskräfte und Mitarbeitende ein zu einem Workshop: Was ist schon schön? Was würde ich ändern, wenn ich Königin oder König von diesem Haus wäre?
  2. Vision formulieren – klar, einfach, greifbar. Nicht viel Theorie, sondern eine Richtung, die sich im Alltag bewährt.
  3. Kleine Experimente starten – Lieblingsplätze sind oft kleine Räume, kleine Momente. Fang mit kleinen Verbesserungen an (Atmosphäre, Dokumentation, Mitarbeitenden-Beteiligung).
  4. Dialog offenhalten – Feedback ist kein Report, sondern lebendiger Austausch. Und du als Führungskraft bist nicht nur Entscheider, sondern Zuhörer und Ermöglicher.
  5. Haltung vor Effizienz stellen – sie gehen Hand in Hand, aber die Haltung bestimmt, wie Menschen sich fühlen und wie gern sie mitgehen.

Welche Erfahrungen hast du bislang mit kulturellen Veränderungsprozessen gemacht?
Hast du selbst schon Visionen formuliert oder Lieblingsplätze geschaffen – welche Hindernisse sind dir begegnet? Wie gehst du damit um, wenn nicht alle im Team sofort mitziehen wollen?
Wenn du mehr wissen willst – tiefere Impulse, konkrete Workshop-Vorlagen oder Beispiele –, melde dich gerne. Gemeinsam gestalten wir Humanunternehmen.
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